Klassik-Konzerte - virgin-jazz-face

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„Barbara Hannigan & LSO – Mahler 4. Sinfonie“ im Dortmunder Konzertaus
 
Mitwirkende:
London Symphony Orchestra
Barbara Hannigan - Leitung
Aphrodite Patoulidou - Gesang

Die Einladung zu einer Probe des London Symphonie Orchesters von Mahlers Nr.4 beiwohnen zu können, wollte ich mir nicht entgehen lassen. Dieses fand im Orchesterzentrum des Konzerthauses statt, unter der Leitung von Barbara Hannigan.
 
Barbara Hannigan war nicht zum ersten Mal Gast des Dortmunder Konzerthauses, dort trat sie als Sängerin auf, nun aber als Dirigentin des Londoner Symphonie Orchesters.
 
Ich hatte vorher noch nie eine Dirigentin eines klassischen Orchesters live erleben können, im Gegensatz zu Dirigentinnen von Jazzorchestern die zu außergewöhnlichen Leistungen fähig sind.
 
Eine Besetzungsänderung musste noch vorgenommen werden, denn durch eine Infektion konnte Barbara Hannigan nicht mehr den Part selber singen und wurde durch eine von ihr ausgebildete ehemalige Schülerin, Aphrodite Patoulidou vertreten, die inzwischen eine weltweit anerkannte Sopranistin ist und in vielen Opernhäusern der Welt singt.
 
Wie gut das London Symphonie Orchester ist, bedarf keiner Diskussion und das Beobachten beim Proben der Symphonie war sehr lehrreich. Hannigan unterbrach das spielende Orchester hin und wieder um ihre Vorstellungen der Symphonie dem Orchester beizufügen. Die Veränderungen waren schnell hörbar. Auch der Gesangspart mit Aphrodite Patoulidou wurde einstudiert.
 
Nach der Probe durften die anwesenden Zuhörer*innen Fragen an Hannigan stellen. Eine der Fragen war wie gut das Orchester auf die Symphonie vorbereitet ist. Hannigan antwortete , das dieses Orchester eigentlich die Symphonie schon zu 100 % beherrscht. Erreicht sollen aber 130 % bis 140 % und dieses setzt sich aus dem Charakter zusammen den Hannigan dem hinzufügt.
 
Das Konzert:
 
Olivier Messiaen »L’Ascension«
Eine sinfonische Mediation die Christi Himmelfahrt darstellen soll. Beim ersten Satz konnten die Blechbläser ihr ganzes Können ausleben und die Farben-Vielfalt der Komposition erleben lassen. Der 2 Satz war geprägt durch Klangfarben der Natur wie Vogelgesang, mit anschließendem 3 Satz, der durch Tanz und Rhythmus getragen wurde. Der 4 Satz, Tragend und mit Tiefgang, ein Gefühl des hineinschweben ins Unendliche um da anzukommen was das Ziel ist.  Eine moderne Komposition filigran gespielt und interpretiert.
 

Gustav Mahler Sinfonie Nr. 4 G-Dur
Gustav Mahler war seiner Zeit weit voraus. Ein modern denkender Kopf, mit den Erinnerungen an seine Kindheit, das unvoreingenommen Militärmusik liebte, einfach der Musik zu liebe. Eigene Melodien enwickelten sich schon früh in seinem Kopf. Dass er nach dem Studium der Musik und Komposition schnell aneckte und niemand seine Werke anerkennen wollte, blieb ihm das Dirigieren um sich mit seinen musikalischen Vorstellungen durchsetzen zu können. Seine Tonbildung und die Auswahl der Instrumente war vielen fremd, denn wenn auch heute von Komponisten neue Wege begangen werden, brauchen sie viel Durchsetzungsvermögen. In dieser Situation war auch Mahler, denn obwohl er als Dirigent schon einen guten Ruf hatte, seine Kompositionen hatten es noch sehr schwer.
 
Hannigan hatte um seine Musik zu verstehen, seine Briefe gelesen und sein Leben studiert, um sich in ihn und seinen Gefühlen hineindenken zu können, denn nur so ist die Einfühlung in seinem Seelenzustand möglich. Dieses „ Himmlische Leben“ setzte sie in der Interpretation mit dem Londoner Symphonie Orchester um.
 
Die unglaubliche Zärtlichkeit in ihrer Umsetzung der Symphonie mit dem Orchester setzt Maßstäbe. Energie explodierte und Gefühl hatte ein Erleben.
 
Ihre Finger beim Dirigieren des Orchesters waren Zeichen, die jeden Musiker*innen signalisierten wo es lang geht, wie unsichtbare Fäden hatte sie jede Tonalität und Ausdruck in den Händen und führte es da hin wo sie es wollte.
 
Das Adagio war eine Seelenwanderung und bei einigen Zuhörern blieben die Augen nicht trocken.
 
Aphrodite Patoulidou vollendete mit ihrem Gesang des „Himmlischen Lebens“ die Aufführung. Sie kam nicht wie ein Star auf die Bühne sondern integrierte sich in das Orchester und der Dirigentin leise und kaum bewegend.
 
Mit ihrer klaren und durchdringenden wunderbaren Stimme erzählt sie was Mahler bewegt und beendet auch so die Symphonie.
 
Das Publikum war sehr Bewegt von der Interpretation Hannigans und des Orchesters, denn wenn das Orchester die Bühne nicht verlassen hätte wäre der Abend noch lang geworden.
 
Text: Kurt Rade, Fotos: Holger Jacoby


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Performance
 
„Dance of the Sun“ The Dancing Orchestra „Geneva Camerata“ im Konzerthaus in Dortmund
 
Mitwirkende:
Geneva Camerata - Orchester
David Greilsammer - Dirigent
Martí Corbera - Tanz
Juan Kruz Díaz de Garaio Esnaola - Choreografie
 
Ein Beginn des Tanz & Konzertabends wie er ansonsten nicht abläuft. Noch während das Publikum herumläuft und die Plätze sucht, sind die Musiker*innen auf der Bühne, oder kommen und gehen und es scheint Unstimmigkeiten zu geben. Ein seltsames Geschehen was da abläuft. Als das Publikum endlich seine Plätze eingenommen hatte, erschien ein Tänzer in weißem Hemd gekleidet, alle anderen in schwarzen Oberteilen und näherte sich den einzelnen Tänzer*innen. Sie gingen dem Tänzer aus dem Weg und nahmen oder holten ihre Instrumente die aus Streich wie Blasinstrumenten bestand.
 
Spielend und Tanzend bewegten sie sich den Abend durch eine Choreografie von Juan Diaz de Garaio Esnaola.
 
Einfach sensationell zu erleben, wie es möglich ist so schwungvoll und belebend zu Tanzen und dann noch auf den Instrumenten mit voller Intensität zu spielen und das alles aus dem Kopf. Von Barock Musik bis zu Mozart, wie ein Film in einer Endlosschleife.
 
Der Tänzer Martí Corbera reißt die nun auf Stühlen spielenden Musiker*innen auf den Boden, alle in einer Käferposition und alle spielen ihre Instrumente mit gleicher Intensität weiter. Es ist nicht nur ein tolles Hörerlebnis sondern auch Visuell ein Augenschmaus, denn Tanz und Orchester gleichzeitig zusammen so agierend zu erleben ist schon sehr außergewöhnlich und voller Ideenreichtum.
   
Text: Kurt Rade, Fotos: Umberto Favretto, Leo-Paul-Horlier, Geneva-Camerata


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