Neue konzertreihe in der "werkstatt" in Gelsenkirchen-Buer
Die Kunst des Duos, intime Konversationen und musikalische Interaktionen von nur zwei Musikern – diese Idee steckt hinter der vierteiligen, vom Gelsenkirchener Journalisten und Fotografen Christoph Giese erdachten und konzipierten Konzertreihe „The Art of the Duo“, die jetzt startete und bis zum kommenden März in der Kunstgalerie „werkstatt“ in Gelsenkirchen-Buer laufen wird.
Da die Konzeption der Reihe von vornherein vorsah, alle Konzerte zu filmen, danach zu bearbeiten und einen circa einstündigen Zusammenschnitt online auf der „werkstatt“-Webseite zu veröffentlichen, fand das erste Konzert auch tatsächlich statt, nur wegen der Corona-Vorschriften ohne Publikum.
Dennoch war es Balsam für die schon ein wenig kulturentwöhnte Seele, dem beseelten Spiel des rumänischen Holzbläsers Nicolas Simion und des holländischen Pianisten Mike Roelofs zuzuhören.
Bis März erwartet die Zuhörer, dann hoffentlich mit Publikum live vor Ort, noch orientalische Weltmusik, brasilianische Klänge und ein preisgekröntes, holländisches Fado-Duo, das selbst im portugiesischen Fernsehen schon für Aufsehen sorgte durch einen Auftritt mit Fado-Königin Mariza.
Weitere Infos zu den drei noch kommenden Konzerten sowie das Auftaktkonzert-Video gibt es hier: https://bit.ly/37ksfn3
Text: Christoph Giese
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Lars Danielsson Group in der Essener Philharmonie
Lars Danielsson – Bass & Violoncello
Grégory Privat - Piano
John Parricelli - Gitarren
Magnus Öström – Schlagzeug & Perkussion
Grégory Privat - Piano
John Parricelli - Gitarren
Magnus Öström – Schlagzeug & Perkussion
Na klar, der Schwede rückt den eigentlichen Rhythmusknecht Kontrabass an diesem Abend immer wieder auch in den Vordergrund. Ohne dabei aber den Fluss der Musik zu unterbinden. Und ohne seinen drei Kollegen die Räume zu nehmen. So hat der Brite John Parricelli seine Momente für ein rockiges Gitarrensolo oder für dezent unterstützende Soundlandschaften, darf der französisch-karibische Pianist Grégory Privat seine einfallsreiche Virtuosität ausbreiten und Schweden-Drummer Magnus Öström seinen Sinn für Groove und Antrieb unter die Stücke mischen.
Vom Ohrwurm über tänzerische Momente, einer quirligen Passacaglia im Viervierteltakt bis hin zu einer sanft schwingenden Ballade – dieses Konzert bot ein einziges Verwöhnprogramm.
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Die „Sisters In Jazz“ zu Gast bei „Jazz in Essen“ im Grillo-Theater in Essen
Lineup:
Cæcilie Norby – Gesang & Percussion
Rita Marcotulli - Klavier
Pernille Bevort – Saxofon
Lisa Wulff – Bass
Benita Haastrup - Schlagzeug
Meistens hat sie in ihrer inzwischen über 30-Jährigen Karriere mit Männern zusammengespielt. Aber im letzten Jahr nahm die dänische Sängerin Caecilie Norby eine Platte mit dem Titel „Sisters In Jazz“ auf. Nur mit Frauen. Dieses Projekt war am Sonntag wegen Corona gleich zwei Mal zu hören bei der Konzertreihe „Jazz in Essen“.Cæcilie Norby – Gesang & Percussion
Rita Marcotulli - Klavier
Pernille Bevort – Saxofon
Lisa Wulff – Bass
Benita Haastrup - Schlagzeug
Etwa die wunderschöne, viel gecoverte Ballade „Willow Weep For Me“ von Ann Ronell, ein alter Song aus der Tin Pan Alley-Ära. Oder eine boppende Swingnummer aus der Feder von Jazzsängerin Betty Carter. Oder Abbey Lincolns „Wholly Earth“, dem das vorzügliche Damen-Quintett einen aufregenden Afro-Touch verpasst.
Die fünf Musikerinnen, darunter die deutsche Bassistin Lisa Wulff, unterhalten prächtig mit einem bunten Programm, bei dem auch Carole Kings berühmter Liebessong „Will You Still Love Me Tomorrow“ nicht fehlt.
Eine feine Überraschung gibt es dann noch am Schluss. Zur stürmisch geforderten Zugabe kommt die ausdrucksstarke Grand Dame des Jazzgesangs in Dänemark nur mit Pianistin Rita Marco tulli zurück auf die Bühne, um Leonard Cohens Hymne „Hallelujah“ zu singen. Und biegt dabei kurzzeitig ab in elektronisch bearbeiteten klassischen Gesang.
Jazz-Pott verliehen an das Julia Kadel Trio
Am Ende führt ein wunderschöner, lyrischer Epilog aus dem Programm. Fast, denn in der Zugabe umspielt Julia Kadel solo mit ein paar Klavier-Akkorden noch das Summen des Publikums. Ums Summen hatte sie die Zuhörer zuvor gebeten. Denn das sei nach den Corona-Bestimmungen ja noch erlaubt.
https://juliakadel.com/
Text: Christoph Giese; Fotos: Kurt Rade
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Ankündigung der: „41. Leverkusener Jazztage“
Die gute Nachricht vorweg: Die 41. Leverkusener Jazztage werden stattfinden! Auch wenn das komplette, geplante Hauptprogramm ins kommende Jahr geschoben werden muss. Die aktuellen Corona-Beschränkungen für Versammlungsstätten, aber auch die Reisebeschränkungen der Künstler lassen Auftritte von Stars wie Gregory Porter, Melody Gardot oder Jamie Cullum derzeit einfach nicht zu.
Mit dabei sind Flamenco-Gitarrenvirtuose Rafael Cortés aus Essen als Zugpferd einer Flamenco-Nacht (15.11.). Oder Sänger Max Mutzke, der in einem Duo auf die kubanische Pianistin Marialy Macheco trifft (17.11.).
Aus dem hohen Norden Europas kommt am 12.11. nicht nur ein weiteres Duo, das der beiden Schweden Nils Landgren (Posaune) und Jan Lundgren, (Klavier). Tags darauf ist das Trio des schwedischen Pianisten Martin Tingvall zu Gast am Rhein - und am 14.11. die norwegische Sängerin Rebekka Bakken.
Mit dem Trompeter Nils Wülker, Drummer Wolfgang Haffner und Blödelexperte Helge Schneider ist Deutschlands Szene ebenfalls hochkarätig in Leverkusen vertreten.
Es wird in diesem Jahr sicher ein anderes Festival werden, ohne die ganz großen Konzerte im Forum. Aber weniger musikalische Spannung verspricht dieses modifizierte Programm deshalb nicht.
Ticket-Hotline: 02171-767959.
Alle Termine, weitere Infos und Tickets unter www.leverkusener-jazztage.de.
Text & Fotos: Christoph Giese
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PUNKT Festival 2020 in Kristiansand, Norwegen
Ebenfalls ganz alleine mit seinem Instrument, dem Kontrabass, präsentiert sich Mats Eilertsen – und kreiert einen magischen, gut halbstündigen Set aus akustischem Spiel und elektronischen Erweiterungen. Magie ist eigentlich auch immer dabei, wenn Arve Henriksen, Jan Bang und Eivind Aarset zusammen musizieren. Dieses Mal stellen die drei, begleitet von drei eindringlichen Streichern, ihre Auftragsarbeit für eine Soundinstallation für eine Brücke in England erstmals als Live-Projekt vor. Sehr atmosphärisch schwebende Musik und Sounds, dazu der in die Höhe geschraubte Gesang von Trompeter Arve Henriksen und seine so sehnsuchtsvollen, unverwechselbaren Trompetenlinien - „The Height Of The Reeds“ ist ein packendes Stück Musik, ganz in der Tradition von PUNKT. In der traumverhangenen Stimmung dieses Konzertes wäre man gerne noch geblieben, aber Remixer Helge Sten holt mit seinem lauten, grellen Remix das Publikum schnell wieder zurück in die Realität.
Absagen wollte man PUNKT 2020 schon alleine deshalb nicht, um den norwegischen Künstlern und auch den Mitarbeitern wie Sound- und Lichtcrew nicht absagen zu müssen. Denn für alle ist die aktuelle Lage schwierig. Und wahrscheinlich sei die finale Ausgabe sogar noch stärker als das ursprünglich geplante Line-Up, bei dem auch ausländische Musiker eingeplant waren, meint Erik Honoré. Ja, in Norwegen kann man sich glücklich schätzen über so eine große Bandbreite an Spitzenkünstlern im Bereich des Jazz und der elektronischen Musik. Und fast alle aus dem engen Kreis der immer wieder bei PUNKT auftretenden Künstler kamen dieses Jahr nach Kristiansand.
Auch wegen Corona fanden alle Konzerte im langjährigen Festival-Hotel Norge statt. Das ist gründlich umgebaut und ziemlich modernisiert worden. Im obersten Stockwerk befindet sich jetzt ein großer Konferenzraum, der auch als Theater genutzt werden kann. Ein schöner Ort mit tollem Blick auf Kristiansand und ein würdiger, hervorragend klingender Konzertsaal mit einer Riesenleinwand, die für die visuellen Umsetzungen des Gehörten ideal war.
Das Visuelle ist bei PUNKT nämlich immer mit im Fokus. Und so ist das Konzert der beiden Soundtüftler Jan Bang und Eivind Aarset ein aufwühlendes audiovisuelles Erlebnis. Ihr gemeinsames Albumprojekt „Snow Catches On Her Eyelashes“ changiert zwischen atmosphärischen Melodielinien, anschwellenden Energien hin zu verqueren Sounderuptionen. Und hallt ebenso grandios nach im direkt anschließenden Remix mit Trompeter Nils Petter Molvær, Drummer Audun Kleive und dem jungen Soundbearbeiter Kristian Isachsen.
Und dann war da noch die Pianistin und Komponistin Anja Lauvdal, die sich als „Artist in Residence“ an allen drei Abenden mit einem unterschiedlichen Projekt zeigen durfte. Mit ihrem langjährigen Trio „Moskus“, einer ambitionierten Auftragsarbeit mit Streichquartett und dem wohl verblüffendsten Projekt, der Band „Finity“. Mit Tuba, Saxofon und Trompete, Schlagzeug, Klavier und Electronics werden Songs der amerikanischen R&B-Superband „Destiny´s Child“ dekonstruiert und neu zusammengesetzt. Ein herrliches Musikvergnügen – und einmal mehr Beweis, dass es nichts gibt was bei PUNKT nicht möglich ist.
Text: Christoph Giese; Fotos: Petter Sandell
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Riga Ritmi 2020
Einen runden Geburtstag lässt man nicht so einfach ausfallen. Dachten sich auch die Macher von Rigas Ritmi in Lettlands Hauptstadt Riga. Und sagten ihr Festival eben nicht ab, wie es die meisten anderen Sommerfestivals so taten und aufgrund vieler Restriktionen teilweise tun mussten. In Riga aber ist von Corona Anfang Juli nichts zu spüren. Das Land hat nur gut 1.000 nachgewiesene Infizierte bis zu diesem Zeitpunkt. Und jeden Tag infizieren sich vielleicht ein oder zwei Menschen neu. Deshalb sieht man auch nirgends Masken, nicht draußen auf den Straßen und auch nirgends in den Gebäuden. Selbst in den Hochzeiten des Virus, im März und April, war alles weiterhin geöffnet - Geschäfte, Restaurants. Aber viele schlossen trotzdem, weil die Kundschaft vorsichtig war und wegblieb. Nur Konzerte gab es keine. So berichtet Kaspars Zavileiskis, zuständig für die Kommunikation bei Rigas Ritmi, von leuchtenden Augen, von bewegten Zuhörern, als in Lettland die ersten Konzerte wieder stattfinden durften, mit maximal 20 Leuten. Beim Festival ist das längst wieder großzügiger erlaubt. Ohnehin finden alle Auftritte der um einen Tag verkürzten Jubiläumsausgabe draußen statt. Das Programm wurde angepasst. Internationale Stars wie der kubanische Pianist Roberto Fonseca kommen erst gegen Ende des Jahres nach Lettland, Rigas Ritmi 2020 widmet sich im Juli ausschließlich der lettischen Szene. Da ist zum Beispiel der Gitarrist Rainis Jaunais, ein Weltenbummler, der gerne neue Ecken auf diesem Planeten entdeckt, davon auch gerne erzählt und sich musikalisch inspirieren lässt. Jazz ist es nicht wirklich was der hochvirtuose, sehr sympathische Gitarrero so spielt im Quartett. Eher folkig angehauchte Popmusik. Aber mit seiner Akustikgitarre kann der Mann aus Riga so ziemlich alles anstellen. Eine Weile dem zuzuschauen, machte schon Spaß. Viel Spaß bereitete auch der Auftritt von Rūta Dūduma und ihrer Band. Die Sängerin hat vielleicht nicht die riesigste Stimme, dafür aber viel Charisma und echte Bühnenausstrahlung. In erster Linie sang sie sich durch ein Jazzstandardprogramm. Aber wie sie die alten, bekannten Klassiker sang, das hatte einfach was. Und dann war da ja noch Musik von Rachmaninow, die das Quintett wie selbstverständlich in den Jazz überführte und die Rūta Dūduma dann natürlich auf Russisch zum Klingen brachte.
Einen echten Jazzclub sucht man in Riga übrigens vergebens. Die, die es mal gab, funktionierten wirtschaftlich irgendwie nicht. Aber es gibt eine nette Cider-Bar am Rande der Altstadt mit einem Raum und einem Innenhof für Konzerte – je nach Wetterlage. Dort präsentierten sich an den drei Festivalabenden junge Bands. Und Nachwuchsjazzer durften bei anschließenden Jam Sessions mitmachen in diesem ungezwungenen Ambiente.
Wer sich selbst „Very Cool People“ nennt, hat schon Mal Humor. Und sollte dann tatsächlich aber auch cool sein. Die achtköpfige Truppe um Gitarrist und Bandgründer Elvijs Grafcovs ist es. Nicht nur sieht die Band in ihren schwarzen Anzügen lässig auch, ihr selbstkomponierter Jazzfunk klingt frisch, frech, ja auch cool, und in jeder Note bestens gelaunt. Im zweiten Konzertteil dann zusammen mit der in Lettland populären Popsängerin Aija Andrejeva in einer Premiere Lieder von Janis Joplin zu servieren – eine Superidee, weil stark und überzeugend umgesetzt.
Es war ein besonderes Festivalerlebnis in Riga, in diesen Zeiten. In einer spannenden Stadt, die sich in diesem Sommer längst nicht so voll zeigte wie sonst um diese Jahreszeit. Was ja nicht unbedingt schlecht ist. Downsizing im Tourismus - wenn Corona was Gutes an sich hat, dann zählt das sicher dazu.
www.rigasritmi.lv
Text: Christoph Giese; Fotos: Jānis Škapars
Text: Christoph Giese; Fotos: Jānis Škapars
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JazzNacht Zollverein 2020 wird verschoben
Statt im Mai jazzt es nun im kommenden Februar auf dem UNESCO-Welterbe in Essen
Sie sollte eigentlich in gut vier Wochen stattfinden, am 2. Mai. Der Vorverkauf lief auch bereits schon sehr gut. Doch die dritte Ausgabe der bislang so erfolgreichen JazzNacht Zollverein in Essen ist ein weiteres Opfer der aktuellen Corona-Pandemie - und muss nun verschoben werden. Ein neuer Termin konnte mit dem 6. Februar 2021 rasch gefunden werden. Ein Samstag, wie der 2. Mai auch. Und glücklicherweise können beide Bands sowie der eingeplante DJ zum neuen Termin nach Essen kommen. Das Trio der jungen tschechischen Pianistin Nikol Bóková sowie als Topact Deutschlands prominentester Jazzschlagzeuger Wolfgang Haffner. Der wird auf Zollverein sein neues Album "Kind Of Tango" präsentieren, den dritten Teil einer musikalischen Trilogie des fränkischen Trommlers. Keine Tango-Platte, aber eine durch den Tango inspirierte.
Die bisher gekauften Tickets behalten ihre Gültigkeit. Weitere Tickets sind erhältlich unter der Telefonnummer 0180-6050400, online unter www.adticket.de oder an allen bekannten VVK-Stellen über ADticket sowie im Besucherzentrum Ruhr in der Kohlenwäsche auf Zollverein.
Text: Christoph Giese Fotos: Christoph Giese & Jan Vala
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32. Internationale Kulturbörse Freiburg
Mit einem hochkarätig besetzten Varieté-Abend ging sie zu Ende. Und die Macher der „Internationalen Kulturbörse (IKF)“ dürfen zufrieden sein, können sie doch einen erneuten Besucherzuwachs vermelden. An die 5.200 Besucher und rund 400 Aussteller tummelten sich in der Messe Freiburg.
Und auch der eine oder andere Prominente aus Funk und Fernsehen lief durch die beiden Messehallen. Jochen Malmsheimer oder Torsten Sträter traf man natürlich eher an den Ständen, die mit Comedy arbeiten.
Die aktuellen Trends und Tendenzen des Kultur- und Eventsbereich zu entdecken, darauf liegt der Fokus der Fachmesse. Künstleragenturen aus Musik, Straßentheater oder Darstellende Kunst, Fachverbände oder natürlich Künstler selbst waren vor Ort.
In vielen Kurzauftritten konnte man sich informieren, was sich in diesen Sparten so tut. Etwa dem hochvirtuosen Quintett „Volosi“ aus Polen, bestehend aus fünf Streichinstrumenten, lauschen. Oder dem intimen Duo der schweizerisch-albanischen Sängerin Elina Duni mit dem britischen Gitarristen Rob Luft, die am Ende den Kulturbörsenpreis „Freiburger Leiter“ in der Sparte Musik gewannen und demnächst ins Studio gehen, um für das Münchener Label ECM eine gemeinsame Platte einzuspielen.
Auch eine Gesangsstimme aus NRW sorgte für Aufmerksamkeit: Maika Küster aus Dinslaken wusste als Sängerin der Band „Der Weise Panda“ in Freiburg sehr zu gefallen.
Text: Christoph Giese; Fotos: Blerta Kambo
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JazzLine beim Klavier-Festival Ruhr 2020
Satte 74 Veranstaltungen, darunter 66 reguläre Konzerte an 23 Veranstaltungsorten bietet das diesjährige Klavier-Festival Ruhr vom 21. April bis zum 11. Juli. Ein beachtlicher Konzert-Marathon wartet also auf die interessierten Zuhörer. Die Großen und Neuentdeckungen der Klassik-Szene greifen in die schwarz-weißen Klaviertasten.
Der deutsche Trompeten-Star Till Brönner ist auch so ein gern gesehener Festivalgast. Dieses Mal trifft er auf einen alten Recken, den mit zwei Grammys ausgezeichneten US-Pianisten Bob James, eine Legende des Smooth Jazz, unter anderem auch mit der Band „Fourplay“. Man darf gespannt sein auf das Programm, dass sich diese beiden Herren für ihr Quintett für den 6. Mai in der Essener Philharmonie ausgedacht haben.
Weitere Infos und Tickets unter www.klavierfestival.de und www.westticket.de.
Text: Christoph Giese
US-Pianist Fred Hersch, der letztes Jahr sein Festivaldebüt zusammen mit der WDR Big Band gab, kommt mit seinem Trio (MiR, Gelsenkirchen, 27. April). Das Dieter Ilg Trio serviert am 18. Mai im Oberhausener Ebertbad sein Programm „Mein Beethoven“. Beethoven steht 250 Jahre nach seiner Geburt beim diesjährigen Festival ohnehin im Fokus. Und auch das Monty Alexander Trio, Chilly Gonzales mit Special Guest Olga Scheps und die Japanerin Hiromi sorgen bei diesem einzigartigen Pianistinnen treffen für jazzige Klänge.
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Florian Hoefner Trio im „domicil“ Dortmund
Wie klingt ein traditionelles schottisches Seemannslied, gespielt von einem Jazztrio? Und wie eine Bluegrass-Ballade aus Kentucky? Oder ein Folksong aus Neufundland? Sehr interessant, das lässt sich bei all diesen Liedern sagen nach dem Auftritt des „Florian Hoefner Trio“ an diesem Wochenende im Jazzclub „domicil“.
Der in Nürnberg geborene Jazzpianist Florian Hoefner tourt gerade durch Europa um sein allererstes Album im Trio vorzustellen. Und die Songs von „First Spring“ basieren eben zumeist auf traditionellen Melodien verschiedensten Ursprungs.
Wenn der Pianist und seine beiden kanadischen Mitmusiker Andrew Downing am Kontrabass und Nick Fraser am Schlagzeug spielen, dann dürfen die folkigen Ausgangsmelodien auch schon mal swingen, dann ist Raum da für gewitzte Improvisationen, dann wird vertonte Poesie zum leidenschaftlichen Jazzerlebnis.
Oft herrlich entspannt, aber auch zupackend musiziert dieses Trio, verwöhnt mit wunderschönen Melodien, die zwischendurch auch aus der Feder des Pianisten stammen. Ein zauberhafter Konzertabend.
Hoefner, den der Job seiner kanadischen Gattin vor einigen Jahren nach St. John´s in Neufundland verschlagen hat, hat sich zuletzt vermehrt mit Americana, Folk- und Countrymusik beschäftigt, die er in Dortmund wie selbstverständlich für eine Jazzbesetzung umarrangiert hat.
Text: Christoph Giese; Fotos: Günter Maiß
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26. Jazztage Dortmund
Ryan Porter feat. The West Coast Get Down
Wer mag John Coltrane, will US-Posaunist Ryan Porter kurz nach Beginn seines Konzertes gleich mal vom Publikum wissen. Allzu viele melden sich irgendwie nicht. Vielleicht weil die im ausverkauften Saal vielfach ungewöhnlich jung sind für den normalen Altersdurchschnitt im Dortmunder Jazzclub „domicil“. Und die längst verstorbene Jazzikone gar nicht kennen?
An diesem Abend des Eröffnungswochenendes der 26. Jazztage Dortmund stehen mit Ryan Porter und seinem Projekt „The West Coast Get Down“ Künstler auf der Bühne, von denen der eine oder andere beim Meisterwerk „To Pimp A Butterfly“ von US-HipHopper Kendrick Lamar mitgewirkt haben.
So wie Saxofonist Kamasi Washington, inzwischen selbst ein Star. Also ist das „domicil“ auch mit Hipstern gefüllt. Und die hören dann eben mit „Impressions“ einen Klassiker Coltranes, aber in der Version des Ryan Porter. Das heißt viel funkiger und auf Jetztzeit getrimmt. Das Thema des Songs dabei viel lässiger gespielt. Aber wenn Kamasi Washington zu seinem minutenlangen, scheidend scharfen Saxofonsolo ansetzt, dann ist die Spiritualität, die „Trane“ einst auszeichnete, mehr als nur zu erahnen.
Text: Christoph Giese; Fotos: Kurt Rade
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Ryan Porter und seine vier Mitstreiter liefern in Dortmund mit ihrem Mix aus Souljazz, R&B, Funk, Hardbop und hiphoppiger Attitüde eine energiegeladene, mitreißende, überzeugende Musikmischung, die in nur wenigen Momenten mal ruhig durchatmen lässt.
Bis zum 1. Dezember, wenn US-Saxofonist Chris Potter die 26. Jazztage mit seinem Auftritt abschließt, warten noch zahlreiche Höhepunkte auf den neugierigen Jazzfan. Etwa ein Abend mit dem französischen Geiger Théo Ceccaldi (30.10.), Zen-Funk mit „Nik Bärtsch´s Ronin“ (7.11.), eines von nur zwei Deutschlandkonzerten der bekannten US-Sängerin und Songschreiberin Rickie Lee Jones (9.11.) oder das Duo von Trompeter Nils Wülker mit Gitarrist Arne Jansen am 29. November.
Weitere Infos und Tickets unter www.domicil-dortmund.de
Angrajazz 2019
Angra do Heroísmo, Terceira, AzorenWenn der Vergleich bei den von Lorenzo angerichteten Schäden nicht vielleicht ein wenig unpassend klingen würde, ließe sich sagen: Wie ein Wirbelsturm fegte auch das Émile Parisien „Sfumato“ Quintet am Festivaleröffnungsabend über die Inselhauptstadt Angra do Heroísmo. Im kreisrunden Kultur- und Kongresszentrum schwingt sich der französische Sopransaxofonist mit seiner international besetzten Band zu einer packenden Tour de Force voller Spielwitz auf. Mal kurz von lässigen Rockgrooves in einen Walzer einzubiegen, kein Problem. Foklore mit Jazz zu mischen, gefühlvolle Momente mit wilden Eruptionen und harmonischen und melodischen Abstraktionen von freigeistigem Jazz zu paaren, eigene Stücke mit Material des wilden Joachim Kühn, all das macht Parisiens mitreißenden Auftritt an diesem Abend aus. Vergessen, dass der vorgesehene Gast, Bassklarinettist Michel Portal, wegen Krankheit nicht dabei sein konnte.
Ein anderer Saxofonist überzeugte längst nicht so. Der Portugiese João Mortágua und sein so hoch gelobtes Sextett AXES, besetzt mit vier Saxofonisten und zwei Schlagzeugern, vermochten nie diesen Sog zu entwickeln von dem man sich gerne reinziehen lässt. Schon die elektronischen Effekte bei Saxofonen und auch einigen Schlagzeugbeats - geschmacklich hart an der Grenze. An diesem Abend war vieles bei AXES mehr Stückwerk, trotz der honoren Idee was anderes als das Übliche bieten zu wollen.
Manchmal ist aber genau das magisch. Frank Kimbrough Quartet plays Monk! So schlicht der Titel, so zauberhaft das Konzert. Hat man je eine berührendere Version von „Round Midnight“ gehört als jetzt auf Terceira? Schwierig vorzustellen. Wie US-Pianist Frank Kimbrough die Töne hintupft, Bassist Rufus Reid und Schlagzeuger Billy Drummond die Rhythmen sanft einrühren und Saxofonist Scott Robinson wahnsinnig luftig gespielt die Melodie durch sein Tenorsaxofon haucht – ohne Worte. Eine CD-Box mit sechs Silberscheiben voll mit Monks Musik hat Kimbrough Ende letzten Jahress herausgebracht; mit einem ganzen Schwung dieser Stücke verwöhnte er auf den Azoren.
Was blieb sonst noch hängen? Dass US-Sänger Allan Harris ein vorzüglicher Jazz-Crooner ist, der mit raffinierten Versionen bekannter Jazzmusik durchaus zu überraschen wusste. Der aber leider auch gnadenlos überzog und dabei auch noch ein wenig zu viel plauderte. Dass Miguel Zenóns Quartet einfach heiß ist! Dass das heimische Orquestra Angrajazz immer wieder viel Spaß macht. Und dass Angrajazz ein wirklich familiär wirkendes, sehr angenehmes Festival in einer traumhaften Umgebung ist.
Text: Christoph Giese; Fotos: Rui Caria
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Jazzfestival Leibnitz 2019
Zum Festivalausklang geht es wieder hinauf zum wundervollen Weingartenhotel Harkamp. Und wieder ist Petrus dem Festival wohlgesonnen, scheint die Sonne doch pünktlich zur Mittagszeit vom blauen Himmel beim Open Air-Auftritt in den Weinbergen. Die „Ivo Papasov Wedding Band“ aus Bulgarien mit ihrem gekonnten Mix aus bulgarischer Folklore und Jazz und ihre durch krumme Metren gejagten Hochgeschwindigkeitsrhythmen sorgt in diesem zauberhaften Ambiente für sehr lebendige Unterhaltung auf Spitzenniveau. Da denkt man sich nur: Schade, dass es nun wieder ein Jahr dauert bis zum nächsten Festival.
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40. Leverkusener Jazztage in der Vorschau
Großer, runder Geburtstag am Rhein! Die Leverkusener Jazztage feiern ihren 40. Geburtstag. Da konnte man ein beachtliches Namedropping beim Jubiläumsprogramm erwarten. Und ja, es sind wie immer klangvolle Namen eingeladen. Aber die Macher dieses bekannten Jazzfestivals setzen auch wieder auf klug zusammengestellte Themenabende. Und die versprechen allerbeste Unterhaltung.
Oder wie könnte es langweilig werden bei den „German Classics“ mit „Klaus Doldinger´s Passport“ und der musizierenden Plaudertasche Götz Alsmann? Schlagzeugfans dürften sich dagegen mehr auf die „Drum World“ freuen. Kommt doch US-Schlagzeuglegende Billy Cobham. Und US-Saxofonist Bill Evans mit seiner Band „The Spy Killers“, bei der Deutschlands Top-Drummer Wolfgang Haffner trommelt. Dazu noch Simon Phillips mit Band – mehr Rhythmus-Cracks an einem Abend geht kaum.
Alle Termine, weitere Infos und Tickets unter www.leverkusener-jazztage.de
Text & Fotos: Christoph Giese
Die WDR Big Band trifft in Leverkusen auf die US-Fusionband „Yellowjackets“. Kenny Wayne Sheppard, Kris Barras und Earmonn McCmormack bespielen nacheinander die Bühne im Forum während einer langen Bluesnacht. Das Forum haben dann Reggaesänger Gentleman und Rapper „Samy Deluxe & Das DLX Ensemble“ jeweils einen Tag für sich alleine.
Al Di Meola, an gleich zwei Abenden hintereinander, „Incognito“, Tina Dico oder „Element Of Crime“ – das diesjährige Programm ist kunterbunt. Und auch am Nebenspielort, dem Club „Scala“, warten mit der Akkordeonistin Lydie Auvray oder Soulsängerin Kimberose interessante Künstler auf das sicher wieder zahlreiche Publikum.
Ticket-Hotline: 02171-767959.
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Thomas Hufschmidt Trio & Masha Bijlsma im Katakomben-Theater Essen
Es herrschte viel Verkehr auf der Autobahn von Holland nach Essen. Und so kam Masha Bijlsma viel später als geplant im Katakomben-Theater an. Kaum Zeit also für gemeinsames Proben mit dem Trio von Pianist und Folkwang-Professor Thomas Hufschmidt. Das wäre ja vielleicht wichtig gewesen, sah man sich doch zum ersten Mal. Für das Konzert seiner Reihe „Clubdates“ hatte Hufschmidt dem Tipp eines ebenfalls Piano spielenden Kollegen vertraut und die Sängerin eingeladen. Aber soviel vorweg: Man spürte es nicht, dass diese vier Musiker nie zuvor zusammengespielt hatten.
Die Stücke waren selbstverständlich im Vorfeld abgesprochen: Material aus dem reichhaltigen Great American Songbook. Jazzstandards, die in Rüttenscheid aber keineswegs standardisiert klangen. „Softly, As In A Morning Sunrise“, ursprünglich mal für eine Operette geschrieben, verwandelte sich zu einer aufregenden, hart swingenden Nummer. Und so manch anderes Stück bekam an diesem Abend ebenfalls eine interessante andere Färbung verpasst.
Dafür sorgten natürlich Thomas Hufschmidt am Keyboard und seine beiden Kollegen an Kontrabass und Schlagzeug. Aber auch Masha Bijlsma, die mit ihrer kräftigen, so wunderbar wandelbaren Altstimme viele Nuancen in das bekannte Liedmaterial einwebte.
Röhren kann sie, singend zum Zuckerhut blicken, in Balladen die Seele streicheln, fein scatten. Und ganz am Schluss sich auch noch zu einer mitreißenden Bluesstimme aufschwingen.
Text und Fotos: Christoph Giese
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PUNKT Festival 2019
Kristiansand, Norwegen
Nein, an eine so lange Lebenszeit des Festivals habe man nie gedacht. Und jetzt stehe man hier und feiere die 15. Ausgabe von PUNKT. Nicht nur Arne Bang, der Bruder von Jan Bang, einem der beiden Festivalgründer, ist erstaunt darüber. Es sind wohl viele. Aber es hat sich in den anderthalb Jahrzehnten dieses auf Live Remixe basierten Festivals etwas Wunderschönes entwickelt: Ein Gefühl von Heimat. Von musikalischer Heimat, weil immer wieder Mitglieder des engen PUNKT-Zirkels der ersten Tage den Weg nach Kristiansand finden und mitwirken. Bei den Konzerten oder als Teile der Remixe. Nils Petter Molvær, Arve Henriksen, Sidsel Endresen, Eivind Aarset oder Bugge Wesseltoft - sie alle waren auch dieses Mal wieder da. Und dann ist da noch diese intime Atmosphäre, dieses familiäre Gefühl. Kaum ist man in der kleinen, sympathischen Hafenstadt in Südnorwegen angekommen, trifft man auch schon ein bekanntes Gesicht. Viele Fans des Festivals kommen jedes Jahr und auch viele Kollegen, die in der einen oder anderen Art dem Festival beruflich verbunden sind, finden immer wieder den Weg nach Kristiansand.
Auch das macht PUNKT aus. Natürlich in erster Linie das musikalische Konzept und die dazugehörige Musik. Die imposante Domkirken stand an einen Nachmittag dieses Jahr im Mittelpunkt. Keyboarder Ståle Størlokken startete auf der Kirchenorgel wobei er interessanterweise beide, an zwei Seiten des Kirchenschiffes angebrachten Orgelpfeifen nutzte. Das allein sorgte schon für interessante Klangvarianten, schon wie er mächtige, dumpfe Orgelsounds aus zwei Richtungen auftauchen ließ.
Warum so manch einer so von dem US-Gitarristen und Komponisten Steve Tibbets schwärmt, erschloss sich bei seinem Duoauftritt mit dem Perkussionisten Mark Anderson irgendwie nicht. Die Musik ging nicht über einen Punkt hinaus, Tibbets´ Gitarrenspiel war ganz nett, mehr nicht. Aber auch das macht PUNKT so besonders. Man kann, für sich empfunden, ein ziemlich uninteressantes Konzert hören, und dann kommt der Remix und reißt es raus. So geschehen in der Kirche wo Jan Bang, Erik Honoré, Arve Henriksen und Eivind Aarset auch Elemente vom Steve Tibbets-Konzert nutzten um daraus pure Magie zu kreieren.
Auch das Powertrio „Supersilent“ gefiel im Club Kick mit seinem Remix irgendwie besser als die Ausgangsquelle, das Konzert der Noiserockband von Gitarrist Thurston Moore. Zum Jubiläum kehrte PUNKT jetzt erstmals seit sieben Jahren wieder zurück ins Kilden Performing Arts Centre, dem 2012 direkt am Wasser erbauten Schmuckstück für Kultur. Der Abend, unter anderem mit dem Sinfonieorchester von Kristiansand welches die Weltpremiere von Dai Fujikura´s Shamisen Concerto spielte, oder mit dem dieses Mal nicht so wahnsinnig inspierenden Trio „Rymden“ wird sicher nicht zu den unvergesslichen in der Festivalhistorie zählen, auch wenn der Orchester-Remix von Jan Bang und Sidsel Endresen und der abschließende Remix von Rymden, mit den Masterminds Jan Band und Erik Honoré, Dai Fujikura, Eivind Aarset und Nils Petter Molvær wieder einige memorable Momente bereithielt.
Was bleibt noch hängen von der Jubiläumsausgabe? Jan Bang singt nach Jahrzehnten wieder. „Dark Star Safari“, sein neues, ambitioniertes ArtRock-Bandprojekt mit Festivalmitbegründer Erik Honoré, Gitarrist Eivind Aarset und dem Schweizer Schlagzeuger Samuel Rohrer kombiniert die menschliche Stimme mit Live Sampling und Elektronik in sanften Liedern. Improvisationen führen zu Songstrukturen. Das selbstbetitelte Debütalbum ist im Frühjahr erschienen. Mal sehen wohin sich dieses exquisite Quartett entwickelt. Und mit der lokalen Band Drongo und dem jungen Remixer Simen Løvgren bot das Festival auch dem Nachwuchs wieder eine Plattform. Es wird spannend sein zu verfolgen wie sich die nächste Generation von Festivalmusikern entwickeln wird und darf bei PUNKT.
www.punktfestival.no
Text: Christoph Giese; Fotos: Petter Sandell & Alf Solbakken
Ståle Størlokken betörte mit verschiedensten, auch verspielten Stimmungen auf der Kirchenorgel. Ein wunderbares Set, das vor allem etwas auszeichnete, was den danach folgenden „Trondheim Voices“ nicht gelang: rechtzeitig aufzuhören. Die neun Damen des Vokalchores verblüfften durchaus mit ihren stimmlichen Abenteuern und vokalen Ausflügen, aber sie sangen definitiv zu lang, was die Magie ihres Auftritts minderte.
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Funchal Jazz Festival 2019 auf Madeira
Terence Blanchard spielte noch bei den Jazz Messengers von Art Blakey. Mit einem Tributkonzert an den lange schon verstorbenen Meisterdrummer schaute der Trompeter aus New Orleans mit seinem E-Collective, mit Schlagzeug-As Jeff „Tain“ Watts als Special Guest, auf Madeira vorbei. Blanchard leistet sich auf der Insel den Luxus, einen Kontra- und einen E-Bassisten in der Band zu beschäftigen, die abwechselnd oder gemeinsam auf der Bühne stehen und das Geschehen in die entsprechende Richtung lenken. Blanchards Blakey-Arrangements, eingebunden in die elektro-akustischen, mitunter wuchtigen, von verzerrter E-Trompete hoch gepushten Klangwelten des E-Collective, machen Spaß. Die Mischung zwischen Blakey- und E-Collective-Material stimmt. Und wie schön als Zugabe den Jazz Messengers-Klassiker „Moanin`“ zu hören.
Text: Christoph Giese; Fotos: Renato Nunes
40. Montreal Jazz Festival 2019
Und was wollte man nach diesem Erlebnis am gleichen Abend noch hören? Erst mal nichts. Erst mal ein wenig übers Festivalgelände streifen, die frische Abendluft genießen. Und dann kommt irgendwann die Lust zurück auf mehr Musik. Denn an diesem Abend spielt ja noch Makaya McCraven, in einem intimen Amphitheater mit gut 400 Plätzen. Der Trommler und Beat-Master aus Chicago, einer der hippen Stimmen des aktuellen Jazz. Einer, der mit hypnotischen, fein konstruierten, mitreißenden Rhythmen und mit HipHop-Attitüde Jazz spielt, dabei eine Band mit Saxofon, E-Gitarre, Bass und Tasteninstrumente um sich schart, die sich von ihm pushen lässt, aber dennoch dabei immer packende melodische Stränge entwickelt.
Mindestens ebenso hip klingt die britische Saxofonistin Nubya Garcia. Eine heiße Kanne spielt die Powerfrau aus London und lässt sich dabei von ihrer Klasseband gerne nach vorne treiben. Spiritueller Jazz, Dub Reggae oder Funk, daraus entsteht bei Garcia eine Mischung, die sich im Live-Spiel immer weiter zu einem Höhepunkt führt. Und das kommt beim Publikum an, das sich immer wieder von der Saxofonistin mitnehmen lässt auf ihre aufgeputschten Reisen. Wem das gefiel der konnte tags darauf Nubya Garcia noch einmal erleben, im Trio des jungen Tubaspielers Theon Cross, ebenfalls aus London. Cross macht aus dem schwerfällig wirkenden Instrument eine leichtfüßige Groovemaschine und verblüfft dabei immer wieder auch mit überraschenden Sounds. Unermüdlich angetrieben von einem knalligen Schlagzeug ist das ein mindestens zum Kopfwippen animierendes Gebräu, was das Trio zu später Abendstunde einem enthusiastischen Publikum servierte.
Montreal bot in diesem Jahr viele Möglichkeiten viele junge neue Stimmen des Jazz zu entdecken. So wie das US-Quintett „Butcher Brown“, das rockige E-Gitarrenriffs mit Funk und Jazz kreuzt und dabei viel Spaß macht, auch wenn sich bei dieser Band noch was entwickeln kann.
Anlässlich des 20.Geburtstages seines bahnbrechenden Albums „Bending New Corners“ hatte der französische Trompeter Erik Truffaz in Montreal die Ehre, dieses mit seiner um Rapper Nya erweiterten Band und seinem atmosphärischen, groovigen HipHop-Jazz auf der größten Open Air-Bühne des Festivals zu spielen. Vor gleich vielen Tausenden von Menschen aufzutreten, das habe er zuvor erst ein weiteres Mal erleben dürfen, auf einem Festival in Korea, erzählte Truffaz am nächsten Tag.
Auch das ist Montreal, das Unerwartete bekommt seinen Platz. Und wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, kann abseits des Jazzfestivals ebenfalls Spannendes entdecken. Etwa einen Fadoabend in einem kleinen Saal hinten in einer alten Kirche. Dort führt die in Montreal lebende portugiesische Sängerin Suzi Silva mit einem Programm das sie „Fad´azz“ nennt, einer Fusion von Fado mit Jazz, portugiesisches Liedgut mit ihren Arrangements und begleitet von einer fadountypischen Besetzung mit E-Piano, E-Gitarre, Kontrabass und Schlagwerk zu neuen Ufern. Ein traumhaft schönes Konzert und ein lohnenswertes Fremdgehen von einem ganz besonderen Festival.
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Sakili in der Bleckkirche Gelsenkirchen 2019
Francis Proper – Rahmentrommel, Leadgesang
Ricardo Legentile – Akkordeon, Gesang
So geht es animierend und mitreißend zur Sache. Die Mischung aus afrikanischen Rhythmen und europäischen Tänzen heizt unweigerlich an. Selbst mit amerikanischem Blues lässt sich der Sega prima verbinden, wie das Trio demonstriert. Vallen Pierre Louis wird dann zum coolen Bluessänger.
Text und Fotos: Christoph Giese
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JazzNacht Zollverein 2019
Nach der Pause dann ein gewollter musikalischer Bruch. Die „Nighthawks“ mögen es weniger filigran, dafür deutlich lauter und rockiger. Gestartet Ende der 1990er Jahre zunächst als reines Studioprojekt, hat sich das deutsche Quintett um die beiden Masterminds Dal Martino (Bass) und Reiner Winterschladen (Trompete) längst als Klasse-Liveband etabliert. Die in Essen zwischen tanzbaren, loungigen Klängen und funkig-rockigem Jazz brillierte. Und mit kurzen Ausflügen, etwa in mexikanisches Mariachi-Terrain, auch eine Spur musikalischen Humor bewies.
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Rolf Kühn Quartett bei „Jazz in Essen“ im Grillo-Theater
Frank Chastenier – Piano
Lisa Wulff – Kontrabass
Tupac Mantilla – Schlagwerk, Body-Percussion
Jazzempresario Berthold Klostermann hat sich ein Jahr auf diesen Abend gefreut. Der künstlerische Leiter der Konzertreihe „Jazz in Essen“ plant sein Programm nämlich immer ein Jahr im Voraus. Und jetzt endlich stand Rolf Kühn auf der Bühne des Grillo-Theaters. Der fast 90-Jährige, der in den 1950er und 1960er Jahren in den USA im Benny Goodman-Orchester oder als Solo-Klarinettist bei Tommy Dorsey spielte.
Nach Essen hat die lebende Jazzlegende Pianist Frank Chastenier, Bassistin Lisa Wulff und Schlagwerker Tupac Mantilla mitgebracht. Mit letzterem startet er das zweite Set des Abends im Duo. Der Kolumbianer steht neben Rolf Kühn am Bühnenrand und gibt mit Body Percussion den Takt vor, während der alte Haudegen auf seiner Klarinette dazu lustvoll improvisiert.
Text: Christoph Giese, Fotos: Kurt Rade
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Da spürt man den noch immer großen Spaß bei Rolf Kühn am Entdecken, am Ausprobieren. Auch wenn so manche Nummer des Abends streng durchnotiert ist, er in alten Jazzballaden wie „Body and Soul“ wunderbar in vielen Farbschattierungen auf seiner Klarinette schwelgt. Aber dann wird es wieder frei und mutig – und man glaubt kaum, wie cool so ein 89-Jähriger aufspielt.
„Quartetoukan“ in der Neuen Synagoge Gelsenkirchen „Klangkosmos Weltmusik 2019
Maria Dolores-Gay – Cello
Baris Yavuz – Gitarre
Israel Redondo – Perkussion
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The Sephardics in der werkstatt Gelsenkirchen
Ludger Schmidt – elektrisches Cello
Martin Verborg – Geige & Saxofon
Patrick Hengst – Schlagzeug
Da wird das elektrische Cello von Ludger Schmidt zur Groovemaschine und zur brachialen, verzerrenden Rockgitarre, während Schlagzeuger Patrick Hengst nach vorne treibt und Martin Verborg auf Geige oder Saxofon wilde Girlanden produziert.
In solchen Momenten erlebt man ein ausgelassenes Rockjazzquartett auf der werkstatt-Bühne, um kurze Zeit später wieder einzutauchen in die spanisch-jüdische Musiktradition mit ihren auch berührenden Melodien und Momenten, die aber gleich wieder für expressive Kommentare der Beteiligten aufgebrochen werden. All das machte den Reiz dieses Konzertes und dieser ungewöhnlichen Band aus.
Text: Christoph Giese, Fotos: Kurt Rade
Carminho im Dortmunder „domicil“
CD-Tipp: Carminho „Maria“ (Warner)
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Snow Jazz Gastein 2019
www.jazz-im-saegewerk.org
Text : Christoph Giese; Fotos: Jazz im Sägewerk
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Jakob Bro Quartet bei „Jazz in Essen“ im Grillo-Theater
Thomas Morgan – Kontrabass
Joey Baron – Schlagzeug
Palle Mikkelborg – Trompete & Flügelhorn
Berthold Klostermann, künstlerischer Leiter der Konzertreihe „Jazz in Essen“, gibt in seiner kurzen Ansprache vor dem ersten gehörten Ton dem zahlreichen Publikum im vollbesetzten Grillo-Theater den Tipp, wie man dem Jakob Bro Quartet am besten begegnen sollte: zurücklehnen und sich in die Musik fallenlassen.
Da ist genau der richtige Ansatz für die Klänge des dänischen Gitarristen und seinem formidablen Quartett. Denn Jakob Bro ist ein Meister der Kontemplation, der Stille, des Nachhängens von Tönen. Der Däne tritt in Essen als meist sensibler Geschichtenerzähler auf, der dabei ohne einen großen Plot auskommt.
Es sind kurze melodische Einfälle in Zeitlupentempo und Pastelltönen, die er seiner elektrischen Gitarre entlockt und die dann von den anderen aufgenommen werden. Von Thomas Morgan und seinem mitunter eigenwilligen Kommentaren am Kontrabass und von den so herrlich frei schwebenden Pulsschlägen von Schlagzeuger Joey Baron.
Und dann ist da ja noch der Altmeister an Trompete und Flügelhorn auf der Bühne, der fast 78-jährige Palle Mikkelborg. Der Landsmann von Jakob Bro hat mit ihm das wunderbare Album „Returnings“ im letzten Jahr veröffentlicht und folgt im Grillo-Theater mit viel Gefühl und sanftem, luftigen Ton den Gitarrenlinien mit Miles Davis-haftem Gestus und Sound.
Wunderschön das alles. Entspannend. Entrückend. Sphärisch. Man mochte kaum aufwachen aus diesen Klang(t)räumen.
CD-Tipp: Jakob Bro „Returnings“ (ECM/Universal)
Text: Christoph Giese, Fotos: Kurt Rade
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